Ein erfolgreiches Testsystem muss modular, flexibel und skalierbar sein

28.02.2023 | Von Dipl.-Ing. (FH) Hendrik Härter

Begonnen hatte Gründer Wilfried Noffz mit selbstentwickelten Testsystemen für Videorekorder und Kassetten-Laufwerke für Philips. Heute entwickelt das Unternehmen NOFFZ seine eigenen UTP-Tester. Zum Erfolg gehören außerdem strategische Partnerschaften zu Messtechnik- Anbietern, erklärt Markus Solbach, Managing Partner und Director Technical Sales & Marketing des Unternehmens.

Markus Solbach, NOFFZ: „Wir haben bereits vor 20 Jahren zusammen mit Nokia gelernt, wie wichtig Standards in der Industrie sind.“
(Bild: HENK)

Seit über 30 Jahren entwickelt das Tech-Unternehmen NOFFZ für seine weltweiten Kunden Testsysteme. Standardisierung und strategische Partnerschaften gehören zum Erfolg. Die Geschichte des Unternehmens NOFFZ beginnt mit seinem Gründer Wilfried Noffz im Jahr 1989. Bevor er den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt hatte, war er Mitarbeiter bei Philips, wo er Software programmierte, Messsysteme und Hardware entwickelte.

In seinem eigenen Unternehmen entstanden Testsysteme für Videorekorder und es folgten Testsysteme für Kassetten-Laufwerke von Philips, die damals für den PKW-Bereich produziert wurden. Entstanden sind seinerzeit diverse Audio- und Schnittstellentester für Autoradios. 

Test- und Automatisierung für Telematik und Infotainment

Skalierbarkeit der UTP-Plattform: Beispiel für die Tester je Produktionsschritt.
(Bild: NOFFZ)

Gut zehn Jahre später, um das Jahr 2000, kamen neben vielen Sonderlösungen für unterschiedlichste Industrien auch Tester für DVDPlayer und Infotainmentsysteme im Fahrzeug hinzu. Daraus gingen unter anderem Testsysteme für Displays und Navigationssysteme hervor.
Interessanter Fakt: Für das 􀀃innische Unternehmen Nokia hat NOFFZ sogar an den weltweiten Standards für Testsysteme von Mobiltelefonen mitentwickeln dürfen und hat sie global ausgerollt. Das hieß, die Mitarbeiter von NOFFZ waren weltweit unterwegs zu den Nokia Werken
und deren Lieferanten. Mit dem Aufkommen von Bluetooth hatte NOFFZ auch hierfür die passenden Tester entwickelt. Test- und Automatisierungslösungen für Telematik- und Infotainment- Anwendungen bilden bis heute das Kerngeschäft der Firma.

Nachdem im Jahr 2007 Markus Solbach zu NOFFZ stieß, der von National Instruments zu den Tönisvorstern wechselte, brachte dieser nicht nur seine fachliche Expertise aus der Welt der Messtechnik, sondern auch grundlegend neue Visionen mit. Eine der zukunftsweisenden Ideen und maßgeblicher Meilenstein in der Geschichte des Unternehmens fand im Jahr 2010 statt: Auf Basis des TAVT – dem Telekom-Audio-Video-Tester für Unternehmen in der Kommunikationsbranche – entwickelte NOFFZ seine eigene Testplattform, die UTP- Universal Tester Plattform. Das modulare System war für das
Unternehmen ein entscheidender Schritt, um die vielschichtigen kundenspezifischen Testsysteme, die in all den Jahren entwickelt wurden, mehr und mehr zu standardisieren.

Diese plattform-basierten Testsysteme können, abgestimmt auf die Bedürfnisse der Kunden, neben der eigenen, auch mit der Hardware verschiedener Messtechnik-Experten ausgestattet werden. Dazu gehören Rohde & Schwarz, Keysight, Anritsu und auch National Instruments.

Kunden mit standardisierten und flexiblen Testsystem bedienen

Doch wie lässt sich ein Testsystem erfolgreich bauen? Die Antwort darauf ist Standardisierung. Ein erfolgreiches Testsystem muss modular, flexibel und skalierbar sein und nutzt einen hohen Grad der Standardisierung in der Auslegung von Hard- und Software. Egal, welcher Kunde dahintersteht. So berichtet Solbach, dass „NOFFZ bereits mit Nokia vor mehr als 20 Jahren gelernt hat, wie wichtig Standards in der Industrie sind.“ So konnte Nokia mit einem einfachen Adapterwechsel an jedem ihrer Standorte ihre Telefone bzw. Hardware produzieren und testen.

„Wir sind seit 2010 in der Lage, unterschiedlichste Kunden mit unserem standardisierten und flexiblen Testsystem zu bedienen“. Unser UTP-Konzept umfasst Funktionstester, End-of-Line Testsysteme, Flash-Systeme oder auch Tests von mehreren Prüflingen, die im Klimaschrank zum Beispiel in der Entwicklung geprüft werden müssen.

Im Laufe der nächsten Jahre hat NOFFZ seine Testsysteme nicht nur auf die Branchen Telekom und Automobil beschränkt, sondern es kam die Weiße Ware hinzu. Angeschlossen haben sich noch Medical, Halbleiterentwicklung und Embedded-Systeme. „So ist beispielsweise ein Testsystem für Automotive durch wenige Modifikationen auch für die Weiße Ware geeignet“, erklärt Solbach den Vorteil eines standardisierten Testsystems.

Nicht nur das NOFFZ auch in der Semiconductorbranche Testsysteme realisiert, es gehören auf der NOFFZ Produktentwicklungsseite Hersteller aus der Halbleiterwelt wie Analog Devices, ST Microelectronics, Maxim und Texas Instruments zum engeren Lieferanten- und Partnernetzwerk dazu. Die notwendige Elektronik für Testsysteme und Produkte entwickelt und fertigt NOFFZ im eigenen Haus. Entstanden ist in jüngster Vergangenheit beispielsweise das erfolgreiche Produkt ITD ein A2B Transceiver für das Testen des digitalen Audio-Bus für die Automotive-Branche oder das IoT-Test-Node – ein Produkt aus dem Connectivity-Test-Portfolio von NOFFZ zum Signalling-Test von Bluetooth und WLAN.

Hackathons und Kundenfeedbacks als Quelle von Ideen

Hintergrund: „Wir wollen zu den bereits auf dem Markt existierenden Standardprodukten eigene Lösungen entwickeln. Vor allem dort, wo wir eine mögliche Lücke sehen“, sagt Solbach. Dazu gehört ebenfalls die Software für die UTP-Testsysteme, die zusätzlich auch als eigenständiges Produkt vermarktet wird.

Wie jedes gut aufgestellte Tech-Unternehmen muss NOFFZ permanent den Markt sondieren und schauen, was die Kunden benötigen. Hierzu veranstaltet das Unternehmen internationale Sales, Marketing und Entwicklerkonferenzen und führt unter anderem Hackathons und Brainstormings durch, wobei besonders Kundenfeedbacks berücksichtigt und der Markt analysiert wird: „Was brauchen unsere Kunden, welche Rückmeldung kommt vom Markt und was können wir künftig an Hard- und Software umsetzen?“ Aus all den Informationen entwickeln die Experten bei NOFFZ neue Produkte, wie aktuell einen Video-Multiplexer.

Strategische Partnerschaften sind breit aufgestellt

National Instruments ist einer der langjährigen strategischen Partner. Offiziell wurde die Partnerschaft ab 1999 aufgebaut. Seit dem letzten NI-Kongress in München 2022 ist NOFFZ „Center of Excellence“. Parallel sind Rohde & Schwarz und Keysight Technologies strategische und globale Partner. In diese Reihe gehört Anritsu. Ähnlich breit aufgestellt ist NOFFZ auch bei der Software. „Wir nutzen nicht nur das Angebot von National Instruments mit NI Teststand und NI LabVIEW, sondern setzen sehr stark auf weitere etablierte Werkzeuge und Tools im Markt. So sind wir auch Partner von Microsoft. Damit wir auf breiter Front die Kundenanforderungen erfüllen können, programmieren wir unsere Software in C# und .NET und kombinieren diese mit Datenbanken und Analysewerkzeugen.“

Die hybriden Testsysteme werden zusätzlich zum eigenen Know-how mit der Expertise verschiedener Firmen ergänzt. NOFFZ versteht sich als Integrator und bringt die Hard- und Softwarewelt zusammen. Für seine Kunden prüfen die Experten von NOFFZ, welche Instrumentierung am besten zusammenpasst. „Welche passenden Messtechnik-Komponenten sind am Markt verfügbar und was müssen wir neu hinzufügen, um eine schlüsselfertige Lösung zu liefern?“ Weitere wichtige Partnerschaften bestehen zum Thema Robotik und Automatisierung auch mit Mitsubishi, Kuka sowie Allen Bradley, Siemens, Wago, Weidmüller. Die weltweiten Kunden legen sich auch in diesem Bereich nicht auf einen Lieferanten fest. Deshalb muss sich NOFFZ breit aufstellen.

Der Vorteil eines unabhängigen Unternehmens

„Unsere Kunden mögen es, dass wir ein unabhängiges Unternehmen sind. Wir können auf unser Partnernetzwerk zurückgreifen. Damit sind wir flexibel und eigenständig.“ Außerdem kann NOFFZ aus seinen insgesamt neun globalen Standorten seine Kunden weltweit bedienen. Hierzu hat das Unternehmen auch globale Verträge mit seinen Lieferanten. „So können wir zum Beispiel ein Testsystem auf Instrumentenhersteller A bauen oder es ist Hardware von Hersteller B integriert oder es ist ein Hybridsystem.“ Schließlich ist es egal, von welchem Lieferanten ein Digitalmultimeter kommt, wenn die Hardware im Projekt entsprechend gut abstrahiert angesprochen wird.

Für den globalen Markt ist eine Partnerschaft mit den Herstellern von Instrumenten und Automatisierungslösungen wichtig. „Wir nutzen die Möglichkeiten, die uns der Markt bietet, um schnell und flexibel auf die Anforderungen zu reagieren“.